"Gefahr für nationale Sicherheit"Datenhändler verscherbeln Daten von US-Soldaten

Data Broker kontrollieren kaum, wer ihre Daten kauft. Das betrifft auch sensible Daten von Angehörigen des US-Militärs, die jede:r für wenige Cent im Internet erstehen kann. Das sei eine Gefahr für die nationale Sicherheit, sagen Forscher:innen.

Ein Laptopn, davor eine Militärmütze in Camouflage und dahinter eine Jacke in Camouflage
Auch von US-Soldaten gibt es Daten im Internet zu kaufen. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Pond5 Images

Für nur wenige Cent veräußern Data Broker im Internet Tausende Datensätze über US-Militärangehörige. Das zeigt eine aktuelle Studie der Duke University in North Carolina. Dies stelle nicht nur einen Eingriff in die Privatsphäre dar, sondern berge auch eine erhebliche Gefahr für die nationale Sicherheit, sagen die Autor:innen.

Die Forscher:innen entdeckten zunächst, dass Datenhändler:innen umfangreiche Daten über derzeitige und ehemalige Angehörige des US-Militärs anboten. Die Studie analysiert nun, welche Art von Daten hierfür gesammelt und unter welchen Bedingungen sie verkauft werden. Dabei zeigt sie, mit welcher Leichtigkeit ausländische Akteure die sensiblen Daten erwerben können. Die Forscher:innen konnten die Daten nicht nur als Kund:innen aus den USA kaufen, sondern auch als solche mit Domains aus Asien.

„Es war schockierend einfach, Zugang zu sehr sensiblen personenbezogenen Daten zu erhalten, die nicht öffentlich sind“, zitiert das US-Medium Gizmodo die Autor:innen der Studie.

Kaum Überprüfungen

Für die Untersuchung kontaktierten die Forscher:innen zwölf Datenhändler:innen, um Informationen über Militärangehörige zu erwerben. Sie konnten so über tausend sensible Datensätze erwerben. Hintergrundüberprüfungen der Käufer:innen durch die Händler:innen seien minimal gewesen. Im Verkaufsprozesses erhielten die Forscher:innen mehrere Listen mit Hunderten von Kategorien, aus denen sie spezifische Merkmale der gewünschten Zielgruppe auswählen konnten.

Zu den erworbenen Daten zählten etwa Anschrift, politische Zugehörigkeit, Gesundheits- und Finanzinformationen. In einigen Fällen enthielten die Datensätze Angaben darüber, ob die Person eine Wohnung besaß oder mietete und ob sie verheiratet war oder Kinder hatte. Es sei sogar möglich gewesen, die Daten der Kinder von Militärangehörigen zu kaufen.

Co-Autor Justin Sherman sagt gegenüber CNN, es sei viel zu einfach gewesen, diese Daten zu erhalten. Dafür habe es lediglich eine einfache Domain und 12 Cent pro Service-Mitglied gebraucht. Wenn sein Forschungsteam Datensätze in diesem Umfang kaufen konnte, so Sherman, dann „könnte ein ausländischer Gegner im Handumdrehen Daten erhalten, um Profile zu erstellen und Militärpersonal ins Visier zu nehmen oder zu erpressen“.

Auch Daten über deutsche Soldat:innen

In den Vereinigten Staaten ist der An- und Verkauf von Daten eine gängige und legale Praxis, die wenig reguliert ist. Die Multi-Milliarden-Dollar-Industrie kann die Daten von praktisch jede:r Amerikaner:in sammeln und anschließend verkaufen, lizensieren und weitergeben.

Die Forscher:innen kommen zu dem Schluss, dass der Erwerb der Personendaten unkontrolliert erfolge. Es gebe keine Vorschrift, um die Betroffenen zu schützen. Außerdem müssten die Datenhändler:innen nicht überprüfen, wofür die Informationen nach dem Kauf verwendet werden. In den USA werden solche Daten zum Beispiel für Werbezwecke und Identitätsüberprüfungen genutzt, jedoch auch von staatlichen Stellen und privaten Kopfgeldjägern gekauft.

In der Europäischen Union sind dem Datenhandel durch die Datenschutzgrundverordnung und andere Gesetze engere Grenzen gesetzt. Allerdings zeigte eine Recherche von netzpolitik.org erst in diesem Sommer, wie umfassend die Datenbestände von Werbefirmen auch über die Menschen in Deutschland und anderen EU-Ländern sind. Insgesamt mehr als 650.000 unterschiedliche Zielgruppenkategorien waren im Angebotskatalog eines Datenmarktplatzes Xandr gelistet.

Angeboten hatten 93 Firmen aus den USA und Europa die Segmente. Mehrere Kategorien bei Xandr betrafen auch Militärangehörige in Deutschland und anderen EU-Ländern. Auch Segmente über Richter:innen, Polizist:innen und Politiker:innen finden sich in der Angebotsliste. Die Anbieter betonen allerdings, dass die Daten nicht an Endkunden verkauft werden, sondern lediglich als Zielgruppe auf Werbeplattformen ausgewählt werden können.

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2 Ergänzungen

  1. Wie sinnig das unter diesem Artikel ein Link mit Bild über die Elektronische Patientenakte erscheint. Das wird dann sicher die Nächste Sau werden die nicht durch’s Dorf getrieben sondern heftig gemästet und Geschlachtet werden wird.

    Ich meine, eigentlich gibt es doch keinerlei Rechtfertigung für einen Handel mit Daten Dritter. Darum sollte dieser komplett untersagt und auf Null runter gefahren werden. Idealerweise Weltweit. Wer ist dagegen – der NICHT Privatmensch ist? Und eigentlich sind wir (Normale Privatsphäre schätzende Menschen) deutlich Mehr als „die die das wollen“. Wo ist eigentlich das Problem? [Bitte $HIER in den Spiegel sehen]

  2. Warum wird in diesem Zusammenhang eigentlich nicht STRAFOR und Julian Assange’s Verfolgung, Einkerkerung und Folterung erwähnt? STRATFOR (Strategic Forecasting) verkauft schon seit Jahren Informationen gegen Geld, ganz legal. Wikileaks hatte in seinen Stratfor-Leaks u.a. deren Kundenliste geleakt, zu denen z.B. auch der ARD gehört. Für die Veröffentlichung dieser Machenschaften wird ein Journalist seit >10 Jahren gequält, auch „ganz legal“ in England. Das passiert in _unserem_ System. Nicht mal eine Randnotitz ist euch das wert? Auf wessen Seite steht ihr eigentlich?

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